Unter den vielen verschiedenen Formen der interstitiellen Lungenerkrankungen (ILD) gibt es einige Sonderfälle. Die nicht-klassifizierbare interstitielle Lungenerkrankung fällt durch das bekannte Raster der interstitiellen Lungenerkrankungen. Forscherinnen und Forscher suchen besondere Diagnose- und Therapieformen für diese Fälle.
Doch was sind interstitielle Lungenerkrankungen überhaupt?
Interstitielle Lungenerkrankungen
Allgemeines
Interstitielle Lungenerkrankungen (auch Lungengerüsterkrankungen, engl: interstitial lung disease, ILD) sind eine sehr uneinheitliche Krankheitsgruppe. Die krankhaften Veränderungen betreffen die Grenzflächen zwischen den Lungenbläschen (Alveolen) und den Lungengefäßen.
Dies ist der Ort des Gasaustauschs zwischen verbrauchter kohlendioxidhaltiger Luft und frischer sauerstoffhaltiger Luft. Krankhafte Störungen in diesem Bereich führen rasch zu Atemproblemen. Es kommt zunächst zu Atemnot unter körperlicher Belastung, in fortgeschrittenen Fällen dann auch zu Atemnot in Ruhe. Oft besteht ein unproduktiver, trockener Husten.
Alle interstitiellen Lungenerkrankungen können unbehandelt zur Lungenfibrose führen, allerdings in unterschiedlicher Häufigkeit.
Einteilung/Klassifizierung
Die ILD weisen verschiedenartige Merkmale auf. Lungenärzte können diese Unterschiede erkennen. Dies wiederum ist wichtig für die Diagnostik und die Therapie. Die häufigsten interstitiellen Lungenkrankheiten sind die Granulomatosen und die Lungenfibrosen.
So sind die Sarkoidose und die idiopathische Lungenfibrose derzeit die am häufigsten beobachteten ILD-Formen.
Die Lungenfibrosen waren jahrzehntelang wenig untersucht. Erst internationale Bemühungen um eine exakte Klassifizierung lenkten den Fokus auf diese Krankheiten. Große Therapiestudien der letzten Jahre und die erstmalige Zulassung von wirksamen Medikamenten trugen zusätzlich dazu bei.
Diagnostik
Der größte Fortschritt bei der Diagnostik der ILD in den letzten Jahren kam durch eine genauere Bildgebung der Lunge. Hochauflösende Computertomogramme (HRCT der Lunge) liefern genaue Bilder des Lungengewebes. Hierdurch stellen erfahrene Ärzte häufig mit großer Präzision die richtige Diagnose. Die klinischen Merkmale und gegebenenfalls die Gewebeproben der Lunge fließen natürlich immer mit in die Bewertung ein.
Wir erleben also derzeit deutliche Fortschritte in Diagnostik und Therapie der ILD. Es gibt aber immer noch einige Ausnahmen, bei denen eine Diagnose weiterhin schwerfällt. Bei dieser Gruppe von Krankheiten ist auch mit den modernsten Verfahren eine exakte Diagnose nicht möglich.
Diese Gruppe nennen wir: Nicht-klassifizierbare ILD.
Nicht-klassifizierbare interstitielle Lungenerkrankung
Bei dieser Gruppe von Erkrankungen fehlt eine eindeutige Diagnose. Die vorläufige „Arbeitsdiagnose“ hat nur eine Wahrscheinlichkeit von 51-89% richtig zu sein. Falls die Ärzte sich zu über 90% sicher sind, können sie eine bekannte, bereits klassifizierte Erkrankung diagnostizieren.
Die nicht-klassifizierbare ILD hat auch international Bedeutung, da es einen großen Bedarf an klinischer Forschung gibt. Internationale Forschergruppen nutzen die neuesten Methoden der diagnostischen Verfahren. Sie entwickeln daraus Empfehlungen zum Umgang mit dieser komplizierten Gruppe von Lungenerkrankungen.
Hilfreich ist die Auswertung vieler Bilddaten und der Daten von Gewebeproben. In einer gemeinsamen Besprechung von Ärzten verschiedener Fachrichtungen diskutieren wir die neuen Erkenntnisse.
Diese Expertenrunden nennen wir „ILD-Boards“. Pneumologen (Lungenfachärzte), Radiologen (Röntgenfachärzte), Pathologen (Fachärzte für Zell- und Gewebediagnostik) und gegebenenfalls Rheumatologen (Fachärzte für Muskel- und Gelenkerkrankungen) diskutieren hier zusammen. Sie erarbeiten gemeinsam eine Strategie zur Diagnostik beziehungsweise Therapie.
Dies ist eine schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe, da anerkannte Standards für das weitere Vorgehen fehlen.
Ausblick
Erfolge erhoffen wir uns in der Zukunft durch die genetische Forschung mit genomischer und molekularer Klassifizierung. Dabei sind feingewerbliche Untersuchungen aus unterschiedlichen Regionen der Lunge nötig.
Die Messung der Lungenfunktion durch spezielle Verfahren (Diffusionskapazität) kann das Leistungsdefizit der Lunge besser beschreiben. Bisher verwendeten Ärzte immer die einfache Lungenfunktion (Spirometrie).
Die Lungenspülung (BAL) ist für die Diagnostik der ILD sehr wichtig. Insbesondere auch zum Ausschluss häufigerer Erkrankungsursachen.
Das Potential bei der Früherkennung von ILD scheint noch lange nicht ausgeschöpft zu sein.
Insgesamt erwarten wir in der Zukunft weitere Fortschritte bei der Diagnostik und Therapie der ILD. Die genauere Einordnung der Erkrankung erlaubt uns Ärzten eine bessere Therapie und Prognose-Einschätzung für die Patienten.
Zusammenfassung
Die interstitiellen Lungenerkrankungen umfassen eine Vielzahl von Krankheiten. Sie alle gehen meist mit Atemnot und Hustens einher.
Viele interstitielle Lungenerkrankungen kennen die Ärzte bereits gut. Eine kleine Gruppe können sie jedoch noch nicht genau zuordnen. An diesen nicht-klassifizierbaren Lungenerkrankungen forschen sie weiter.
In speziellen ILD-Boards finden Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen die mögliche Verdachtsdiagnose und geeignete Therapieansätze für die betroffenen Patienten.